Frage:
paar Fragen um die Zeit des Deutschen Kaiserrechs. Warum nahm Deutschland Österreich nicht ein...?
?
2013-03-30 16:33:57 UTC
Hallo ihr Lieben. Ich bereite mich grad auf mein zentrales Abitur in Geschichte vor und habe deswegen ein paar dringliche Fragen:
1. Warum nahm Deutschland Österreich nicht ein, nachdem Österreich dem Deutschen Bund unterlag?
Es wäre doch so einfach ein ''Großdeutsches'' Reich zu gründen nachdem Österreich platt gemacht wurde. Warum ist dies jedoch nicht passiert?

2. Welche Vorstellungen machten sich nun die Bürger des Deutschen Reiches über ihre nationale Identität, nachdem die ''Einheit'' nun hergestellt wurde?
Nach der Zeit der Koalitionskriege gegen Napoleon war der liberal nationale Gedanke weit verbreitet. Mit der Reichgründung war ja doch die Einheit da. Innenpolitisch gab es dennoch Konflikte, siehe Sozialistengesetz und die alt bekannte geistliche Macht-weltliche Macht (Verbot des Jesuitenordens und so). Wie sahs mit der Freiheit im Geiste des Bürgertums aus? War die weite Bevölkerung zufrieden mit dem Deutschen Kaiserreich? Man denke an den wirtschaftlichen Aufschwung und den Erfolg der Industrialisierung im Deutschen Reich. Profitierte das Volk davon? (Ich weiß, noch mehr Fragen -.- )
3. Wie sah das tatsächliche Gebilde des Deutschen Reiches aus (konstitutionelle Monarchie?). Welche politische Macht und Funktionen hatte das Parlament?
So wie ich das sehe hatte der Reichstag überhaupt keine Machtbefugnisse und der Kaiser konnte die Versammlung jederzeit auflösen wenn es ihm passte. Sie war nur symbolisch um die konstitutionelle Monarchie zu präsentieren. Oder etwa nicht?
Danke schonmal im Voraus für jede hilfreiche Antwort.
Sieben antworten:
Musiker
2013-04-01 17:19:43 UTC
Österreich unterlag nicht dem Deutschen Bund, denn es war selber Teil des Deutschen Bundes. INNERHALB des Deutschen Bundes konkurrierte es mit Preußen um die Vorherrschaft. Diesen Konkurrenzkampf entschied Preußen im preußisch-österreichischen Krieg 1866 in der Schlacht von Königgrätz. Preußen drängte Österreich damit aus Deutschland hinaus und bereitete der kleindeutschen Einigung unter preußischer Führung den Weg.



Die "Großdeutsche Lösung" scheiterte unter anderem daran, daß Österreich-Ungarn ein Vielvölkerstaat war, in dem die herrschenden Österreicher nur eine Minderheit waren und das von ihnen bewohnte Gebiet nur einen vergleichsweise kleinen Teil des gesamten Staatsgebietes ausmachte. Es konnte daher nicht Teil eines deutschen Nationalstaates werden.



Oder man hätte das Habsburgerreich zerschlagen und Deutsch-Österreich und das Sudetenland mit dem Deutschen Reich vereinigen müssen. Aber das wären nationalrevolutionäre Ideen gewesen, die dem Monarchisten Bismarck völlig fern lagen. Fernerhin hätte die Gefahr bestanden, daß dann die ehemals zu Österreich-Ungarn gehörenden slawischen Völker unter russischen Einfluß gekommen wären, was die Macht Rußlands erheblich gestärkt hätte. Das hätte in Bismarcks Augen eine für Deutschland gefährliche Verschiebung der machtpolitischen Gewichte in Europa bedeutet. Außerdem hätte Frankreich auf eine großdeutsche Einigung mit Krieg reagiert (siehe unten). Daher schien es Bismarck alles in allem ratsam, Österreich-Ungarn zu erhalten und ein Bündnis mit ihm anzustreben.



Daher sprach er sich nach dem preußischen Sieg von Königgrätz entschieden gegen einen für Österreich demütigenden preußischen Marsch nach Wien aus. Und es gab noch einen zweiten Grund für diese Mäßigung und Zurückhaltung: einflußreiche französische Kreise riefen nach "Rache für Königgrätz," das heißt: nach einem Krieg, um die sich anbahnende Entstehung eines geeinten Deutschland an der Ostgrenze Frankreichs im Keim zu ersticken. Um einen Krieg Frankreichs (ggf. im Bündnis mit weiteren europäischen Mächten) gegen Preußen abzuwenden, suchte Bismarck den preußischen Sieg von Königgrätz durch Mäßigung gegenüber Österreich für die anderen europäischen Mächte so erträglich wie möglich zu machen. Die kleindeutsche Einigung 1871 war dann das, was Europa (außer Frankreich) so gerade eben noch akzeptierte.



Die deutsche Einigung 1971 wurde von weiten Teilen der deutschen Bevölkerung mit großer patriotischer Begeisterung getragen, die allerdings insbesondere in Bayern durch antipreußische Ressentiments eingeschränkt war. Auch lehnten viele Elsässer und Lothringer ihre Vereinigung mit dem Deutschen Reich ab, obwohl zumindest die Elsässer kulturell Deutsche waren und einen deutschen Dialekt sprachen. So waren anfangs auch die Wahlerfolge der elsässischen und lothringischen Regionalparteien sehr hoch, was sich erst allmählich reduzierte.



Nach der Reichsgründung geriet Bismarck innenpolitisch sehr schnell mit dem politischen Katholizismus (Kulturkampf) und der Sozialdemokratie (Sozialistengesetze) in Konflikt. Der tiefere Grund dafür lag nicht nur darin, daß er als erzkonservativer Monarchist ein Gegner aller revolutionären Umtriebe war, sondern vor allem auch darin, daß es sich in beiden Fällen um internationale Organisationen und Bewegungen handelte, die eine entsprechende Loyalität ihrer Mitglieder beanspruchten; Bismarck sah darin eine Konkurrenz zur Loyalität und Treue gegenüber Kaiser und Reich und fürchtete, daß hier internationale Mächte bzw. ausländische Souveräne (als solche hatten sich die Päpste von je her aufgeführt) in das gerade gegründete Deutsche Reich hineinregierten und seine Konsolidierung untergruben. Bismarck mußte schließlich in beiden Konflikten einen weitgehenden Rückzieher machen. Zugleich erwies sich auf längere Sicht, daß weder Katholiken noch Sozialdemokraten die Reichsfeinde waren, die Bismarck in ihnen gesehen hatte. Gewisse Vorbehalte blieben bei ihnen als Nachwirkungen der Auseinandersetzungen allerdings noch lange bestehen.



Vom liberalen Reformdrang des ehemals nationalliberalen Bürgertums war 1870/71 und danach nicht mehr viel übrig. Es empfand seine nationalen Hoffnungen als erfüllt, akzeptierte den Obrigkeitsstaat weitgehend so, wie er war, und konzentrierte sich ganz auf den wirtschaftlichen Aufschwung.



Fortschrittlich und für die Bevölkerung ein Segen (und weltweit damals einzigartig) war die Bismarck'sche Sozialgesetzgebung: Unfall-, Kranken- und Rentenversicherung. Natürlich war sie auch ein Schachzug in Konkurrenz zur Sozialdemokratie, deren politischen Einfluß Bismarck damit schwächen wollte; aber sie war keineswegs nur das, sondern sie entsprang der patriarchalischen Fürsorgepflicht gegenüber den Untertanen, die Bismarck als Monarchist eben auch empfand.
Gerd
2013-03-30 16:40:32 UTC
viel Glück bei deinem Abi... du kannst es gebrauchen...









.
gigispina@ymail.com
2013-04-04 05:58:58 UTC
weil nach der Schlachtt von Königgrätz so entschieden wurde. leider

später nahm Österreichercher als führer : hitler1
Mathematik Looser
2013-04-01 03:31:52 UTC
Da Preußen einen Verbündeten, also einen Gegenpol zu Russland und Frankreich brauchte
flying_theo
2013-03-31 10:45:00 UTC
Zu 1

Der deutsche Bund bestand nach wie vor aus etlichen Kleinstaaten, die ganz genau wussten, dass sie sich mit dem damaligen "Vielvölkerstaat" Österreich eine zusätzliche - nahezu unlösbare - Belastung aufladen würden. Eine Einverleibung Österreichs stand deshalb niemals zur Diskussion.

Zu 2

Die Bürger sahen das (Nord-Süd Gefälle) durchaus differenziert.



Dazu solltest Du doch Einiges selber lesen - und Dir eine eigene Meinung bilden. Geh´ doch mal in Euere örtliche Bibliothek und lass Dich da beraten - auch E-Bücher gibt es dazu bereits.

Lies auch bei Wikipedia - Stichworte hast Du ja zur Genüge !!!
anonymous
2013-03-30 16:54:32 UTC
1. Es war nicht Deutschland sondern Preussen das Österreich eifersüchtig und egoistisch bekämpft hatte, um die Hegemonie über die deutschen Lande zu gewinnen. Österreich verlor zwar eine Schlacht hatte aber genug Reserven, um jede weiteren Übergriffe abzuwehren.

2. Es war wie wir jetzt wissen ein Pyrrhussieg. Bismarck ist prinzipiell schuldig die Einheit eines Deutschen Reiches zerstört zu haben. Die Pseudoeinigung entsprechend der klein-deutschen Idee hat letzten Endes auch die deutsche Kultur fast zerstört.

Die Regierung des Deutschen Kaisers war keinesfalls bereit weitgehend demokratische Grundsätze zu verankern. Die Bevölkerung der einzelnen Teilstaaten behielten ihre Solidarität zu ihren Monarchen. Die deutsche innovative Erfinderbegabung verhalf jedoch zum Aufbau und zur Gründung vieler Unternehmen. Das hatte aber nichts mit dem Kaiserreich zu tun. Der Kaiser war fast ausschließlich damit beschäftigt rüstungsmäßig mit England zu konkurrieren (und mit Gewalt nachzuholen was Deutschland versäumt hatte: Kolonien zu erwerben). Was tatsächlich auch Arbeit geschaffen hat.

3. Das Kaiserreich hatte nur Ansätze eine konstitutionelle Monarchie zu werden.Das Parlament war schwach und der Willkür des Kanzlers (Bismarck) und Kaisers ausgeliefert.
anonymous
2013-03-30 17:06:50 UTC
Zur Zeit des Detschen Bundes gab es keine Deutschland, geschweige denn, ein Deutsches Kaiserreich.

Es gab Österreich im Süden und im Norden jenes militaristisch-imperialistische und nach Macht geiernde Preußen.



Nach dem Sieg über Österreich 1866 konnten die Preußen den Hals immer noch nicht voll bekommen. Sie hatten auch panische Angst vor einer deutschen Nationalbewegung, die analog zu 1848 demokratische Reformen einforderte.

Dem sogenannten Eisernen Kanzler Bismarck strebte ein Deutschland nach preußischem Vorbild mit absolutistischer Monarchie vor.

Nur 4 Jahre später hatte er die Gelegenheit dazu. Er fälschte im Zuge von Unstimmigkeiten der spanischen Erbfolge eine diplomatische Note des preußischen Königs an Napoleon III., dahingehend, daß sie beleidigend und unverschämt provokant rüberkam. Das veranlaßte Frankreich, den Berliner Großschnautzen den Krieg zu erklären.

In dieser deutschtümelnden Nationaleuphorie schlossen sich die anderen Künigreicher und Fürstentümer im Deutschen Bund den Preußen an, und somit hatte Frankreich keine Chance.



Die Industrialisierung in Preußen und den anderen deutschen Ländern begann bereits 1850 ff.

Sie brachte den Besitzern der Produktionsmittel, den Bankern und Fabrikanten irrsinnig hohen Reichtum, der von den ausgebeuteten Massen der Arbeiter geschaffen wurde.

Das Bürgertum verzichtete auf seine "Freiheiten" Es ordnete alles dem Nationalchauvinismus unter, der nach Bismarcks Rücktritt so richtig Fahrt aufnahm.

Und die Arbeiterschaft hatte zu malochen und früh zu krepieren und hatte keine Zeit, sich um Gedanken über Freiheiten, etc. zu machen.

Der Reichstag hatte so gut wie keine Befugnisse. Und selbst die nahm er nicht wahr, indem er 1914 mit Hilfe der SPD die Kriegskredite für die Angriffskriege gegen Rußland und Frankreich bewilligte.

In Sachen Kulturkampf, Sozialistengesetze hatte er sowieso nichts zu melden.



Dieses Preußen hat 1871 Deutschland dermaßen stark seinen Stempel aufgedrückt, daß dies sich erst 1945 mit Hilfe der Kriegsalliierten einigermaßen davon befreien konnte.

Ganz davon befreit hat es sich bis heute nicht. Dafür haben Adenauer, Kiesinger, Kohl, Strauß (als Bayer !!!) und Konsorten schon gesorgt.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
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